Unsere Geschichte
MLR236280
Standort Kundl/Schaftenau
Die Anfänge des Pharmaproduktionsstandortes Kundl reichen in der Nachkriegszeit zurück. Für die Behandlung vieler Infektionen, unter denen die Menschen litten fehlte das lebensrettende und dringend benötigte Penicillin.
Michel Rambaud, ein französischer Offizier der alliierten Streitkräfte, erfuhr von den stillgelegten Räumlichkeiten der Kundler Bierbrauerei. Der Chemiker war in der englischen Penicillin-Forschung tätig gewesen und erkannte, dass sich die traditionsreiche Brauerei in eine Penicillinfabrik umbauen ließ. Denn Bier und Penicillin entstehen im Prinzip auf Basis desselben Verfahrens: Fermentation.
Weltsensation in Kundl
Im Jahr 1946 gründete Rambaud – gemeinsam mit der Brau AG als Eigentümer der Brauerei – die Biochemie GmbH. Ihr Ziel war es, die österreichische Bevölkerung mit Penicillin aus eigener Erzeugung zu versorgen. Das Vorhaben gelang: 1948 verließen die ersten Ampullen Penicillin das Werk. Drei Jahre später gelang den Biochemie-Forschern Ernst Brandl und Hans Margreiter ein medizinischer Durchbruch: Sie entwickelten das erste säurefeste Penicillin. Damals eine Weltsensation, denn nun konnte man die Arznei erstmals in Tablettenform oral verabreichen.
Bild: 1951 gelang den Biochemie-Forschern Ernst Brandl und Hans Margreiter ein medizinischer Durchbruch: Sie entwickelten das erste säurefeste Penicilli
Unter einem gemeinsamen Patent mit Eli Lilly, kam das Präparat in 28 Ländern auf den Markt – und ist heute noch im Portfolio von Sandoz.
Nummer Eins in Österreich
In den Folgejahren entwickelte sich das Unternehmen zu einem Schwergewicht in der Pharmaindustrie. Zwischen 1952 und 1954 verfünffachte sich die Produktion, bereits 1954 konnte der gesamte österreichische Bedarf an Penicillin produziert werden. 1958 stand im nahegelegenen Schaftenau die „Alpine Chemische AG“ zum Verkauf. Mit Unterzeichnung des Kaufvertrags wurde die Biochemie zum größten Pharmaunternehmen Österreichs.
Sandoz kommt ins Spiel
1961 ein weiterer Meilenstein: Mit 32 Millionen Schilling lagen die Erträge des Auslandsgeschäfts erstmals höher als die nationalen Erlöse. Das Unternehmen spielte nun mit im Konzert der Großen, langfristig zu halten jedoch war diese Position nur mit massiven Investitionen. Da kam das Schweizer Pharmaunternehmen Sandoz ins Spiel. 1963 begannen die Verhandlungen, am 26.11.1965 wurde die Biochemie als hundertprozentige Tochtergesellschaft der Sandoz AG ins Handelsregister eingetragen. Die Schweizer hatten 53 Prozent der Anteile übernommen. Damit gehörte die Biochemie zu einem Unternehmen von Weltformat, sie profitierte von dessen Finanzkraft und Infrastruktur.
Eines nach dem anderen
Ein groß angelegtes Ausbauprogramm ab 1975 zielte auf die Ausweitung des Biochemie-Sortiments. Den Anfang im Jahr 1977 machte 6-APA (Aminopenicillansäure) als Basis aller halbsynthetischen Penicilline. Hinzu kamen die neuen Betalactam-Antibiotika: Cefalosporine sind ähnlich dem Penicillin, jedoch mit breiterem Wirkspektrum. Ein weiterer Meilenstein: ein immunsuppressiver Wirkstoff, der die noch junge Transplantationschirurgie revolutionierte. Erstmals ließen sich die Abwehrreaktionen gegen das neue Organ unterdrücken. Ab 1977 rückten Generika in den Fokus der Verantwortlichen. Erste Planungen zur Markteinführung starteten.
Bild: In den 1970er Jahren war Bau 131 in Kundl eine Hightech-Anlage. Hier liefen 1970 insgesamt 146 pharmazeutische Spezialitäten in 320 verschiedenen Verpackungsformen vom Band
Ende der 1980er Jahre schließlich stieg der Antibiotika-Spezialist ins Biopharma-Geschäft ein – zunächst mit Aufträgen der damaligen Muttergesellschaft Sandoz AG, ab 1995 mit dem Ziel, eigene Biosimilars zu entwickeln und zu fertigen.
Sandoz ist zurück
1996 verschmolzen Sandoz und Ciba-Geigy zu Novartis. Sieben Jahre später kam es zur Wiedereinführung des traditionsreichen Namens Sandoz. Sandoz spezialisierte sich als Generikamarke von Novartis. 2003 wurde die Tiroler Biochemie GmbH in Sandoz GmbH umbenannt.